Street Fighter 6 im Test - Einsteigerfreundlich, Profi-tauglich und sogar Solisten sind wieder willkommen (2024)

Street Fighter 6 geht direkt für alle an den Start: Das felsenfeste Fundament gönnt sich mehr Einsteigeroptionen, einen Online-Spielplatz und eine Stadt, in der Haggar Bürgermeister war.

Das nenne ich mal eine ordentliche Kehrtwende: Das letzte Street Fighter war eigentlich super, mal davon abgesehen, dass es für lange Zeit keinen Arcade-Modus gab, keine KI und auch sonst nichts, was den nicht-E-Sportler reizen würde. Street Fighter 6 soll jetzt wieder für alle da sein, vom Gelegenheits-Prügler bis hoch in die gut dotierten Turniere. Dazu hat sich Capcom einiges einfallen lassen und ich fürchte, dass bei manchen Dingen der gute Wille stärker war als die Umsetzung danach. Aber keine Sorge, so schlimm wird es nie.

Fangen wir bei den Basics an: Es gibt wieder eine KI. Es gibt in Street Fighter 6 auch einen Arcade-Story-Modus und zwar für jeden der 18 Charaktere. Über 12 Runden, wenn ihr das haben wollt, oder fünf, falls ihr nicht so viel Zeit habt. Alles, was in Teil 5 aus irgendeinem Grund verloren ging, als Street Fighter einen harten Turn in Richtung E-Sport nahm, ist zurück. Sogar die kultigen Bonus-Runden alle paar Matches, in denen ihr etwa einen Truck zerlegt, sind zurück. Sicher, die minimal animierten, kurzen Comic-Einlagen, die die Story der Charaktere ausbreiten, sind jetzt nicht opulent, aber absolut ausreichend. Versus ist da, auch mit echten Matches gegen die CPU in verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Ihr klickt auf Fighting Ground und schon seid ihr in einem Menü, das alles, was man von Street Fighter kannte, fröhlich versammelt, als wäre nie was gewesen.

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Auch eine Reihe von Trainingsmodi gibt es und die lohnen einen Blick. Nicht, weil sie übertrieben innovativ das Spiel vermitteln, sondern weil auch für Profis oder zumindest Kenner ein Blick auf die neuen Steuerungsmodi helfen kann. Es gibt insgesamt drei Arten, wie ihr Street Fighter 6 spielen könnt und zwei davon sind ein weiterer Beweis, dass Capcom ihren berühmten Namen nicht länger nur im E-Sport verortet sehen möchte. Die erste Variante ist das, was man kennt. Sechs Tasten für leichte, mittlere und harte Schläge und Tritte. Alle Moves und Specials müssen damit händisch ausgeführt werden, alle Stick-Bewegungen sind da, ihr spielt halt Street Fighter wie seit 30 Jahren.

Modern kommt dem allgemeinen Trend entgegen, Special-Moves auf eine Taste zu packen. Special, Drive Impact und Arts haben eigene Buttons, während der Rest auf drei Köpfe verteilt ist. Wer die Trennung von Schlag und Tritt gewohnt ist, muss hier schon mal ein wenig umdenken. Noch spannender ist dynamisch. Alle Arten von Spezial-Moves liegen auf eigenen Tasten und die KI wählt die Schläge und Tritte basiert auf der Reichweite und Distanz des Gegners aus. Das Gleiche gilt für einige der Specials, abhängig davon, wo ihr zueinander steht. Es ist ein, sagen wir mal interessanter Ansatz. Buttonmashing wird nicht belohnt, aber es ist natürlich alles sehr vereinfacht und setzt weniger Kenntnis über das Können des spezifischen Charakters voraus. Stattdessen reicht es halbwegs kontrolliert zu spielen, die Grundzüge der Moves zu kennen, die eine Figur hat und dann sinnvoll zu agieren und reagieren.

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Capcom dürfte damit sein Ziel erreicht haben: Ein Neuling startet das Spiel und kann sofort spielen, Spaß haben, aber muss noch genug leisten, dass es nicht zu platt wird. Die gute KI oder ein geübter Spieler werden ihn immer noch zerlegen, aber der Sinn der Übung wird mit dem dynamischen Modus erreicht. Ehrlich gesagt, damit ist Street Fighter 6 für Einsteiger vielleicht das beste Spiel aktuell, um mal zu gucken, wie das mit den Turnier-Prüglern so läuft. Keine schlechte Leistung in einem Genre, das mittlerweile als notorisch Einsteiger-feindlich gilt.

Und ich hatte eine Menge Spaß mit der Modern-Version der Steuerung. Es ist einfach so bequem und spaßig, nicht jeden Move lernen zu müssen. Ich werde faul im Alter, seht es mir nach. Trotzdem verbrachte ich eine Menge Zeit in den einzelnen Charakter-Tutorials und Trainingsräumen. Die Tiefe, der Moves, der Cancels, Arts und vieles mehr sollte jeden zufriedenstellen, der Sorgen hatte, dass Street Fighter 6 verweichlicht sein könnte, nur weil es ein paar Tricks für Newcomer an Bord hat.

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Offen gestanden, nicht nur für die Neulinge. Es ist verständlich, dass sich mittlerweile nicht mehr jeder, der mal wieder Lust auf eine Runde Street Fighter hat, hinsetzen möchte, um den Unterschied aus vier verschiedenen Cancels nicht nur zu verstehen, sondern auch in Sekundenbruchteilen umsetzen zu können. Und um ganz ehrlich zu sein: Ich vertraue hier auch nur noch auf das Urteil von Freunden mit E-Sport-Erfahrung, die mir sagen, dass das alles hier super sei. Dass die Balance der Moves und Techniken passt und sie eine gute Zukunft für Street Fighter 6 in diesem Bereich sehen. Wird schon so sein, ich glaube ihnen mal und spreche jetzt lieber für die Gruppe, die schon noch die Moves von Hand auslösen kann, wenn es darauf ankommt. Das aber lieber in einem entspannteren Rahmen tut als online oder auch offline in Sekunden von Pros zerlegt zu werden. Es ist schön, dass Street Fighter 6 da alle Gruppen bedient.

Was Online angeht, kann ich für den Moment wenig mehr sagen als läuft und das gut. Die Zeiten, wo man große Statements zum Thema Netcode abgeben musste, dürften, wohl generell der Vergangenheit angehören – Rollback-Code vorhanden – und so liefen die Matches, in denen ich keine 30 Sekunden überlebte, wunderbar. Was das Balancing angeht, wird das die Zeit zeigen, aber man hat dabei ja mittlerweile Erfahrung. Was es gibt, sind natürlich freie und Ranglisten-Matches aus einer auf den ersten Eindruck funktionalen Lobby heraus, wo auch klar definiert wird, wie man in welcher Runde spielt, sprich mit welcher Steuerung. Ranked scheint nur mit der Original-Steuerung zu funktionieren, wer also weiterhin wer sein will, in der Welt von Street Fighter, muss lernen und meistern. Falls jemand Sorge hatte, dass das alles verwässert wird.

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Um noch ein paar Worte über die bisher verfügbaren 18 Charaktere zu sagen: Es ist ein kleiner - SF5 hatte zum Ende über 50 - aber feiner Mix aus altbekannten Lieblingen und einem kleinen Querschnitt aus ganz viel Historie. Ryu, Ken, Chun Li, Zangief, Dhalsim, Guile, Honda und Blanka haben mal wieder historisches Klassentreffen. Dee Jay und Cammy gehen auch weit zurück, während mit Luke, Lily, Marisa, Manon und JP ein paar jüngere Gesichter das Feld bereichern. Es ist ein ausgewogener Mix aller Stile, alle Klassiker wurden ein wenig neue abgestimmt und angepasst. Jeder sollte hier seinen Favoriten finden und mehr Kämpfer sind sicher schon in der Pipeline unterwegs.

Soweit, so Street Fighter, alles klasse und in bester Ordnung. Kommen wir nun endlich zu dem Teil, der für viele hochgezogene Augenbrauen sorgte. Der World Tour Modus, der Versuch, Street Fighter in eine Art modernes Solo-Spieler-Erlebnis zu quetschen. Ich will nicht sagen, dass das scheitern muss, ganz im Gegenteil. So wie ein Rundenkampf plötzlich zu Yakuza passen kann, kann auch ein komplexes Prügelsystem in eine Art Storymodus mit Herumlaufen und Leveln passen. In Ansätzen ist das auch da. Ihr gestaltet euch euren eigenen Kämpfer und seid dabei auch keineswegs auf ein paar Stereotype beschränkt. Im Gegenteil, ihr könnt ALLE Stereotype bauen und auch alles dazwischen. Die Kreation bekommt noch einen Namen und wird dann auf eine Welt losgelassen, in der Bürgermeister Mike Haggar für Ordnung gesorgt hat. Wer will da nicht leben.

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Nun, die erste Prämisse ist, dass ihr einer von zwei Lehrlingen des Neuzugangs Luke seid. Warum, weshalb, das ist nicht wichtig und wird auch nicht gefragt. Das ist halt im Martial Arts so, Lehrer haben Schüler und fertig. Während euer eigenes unbeschriebenes und weitestgehend Zeilen-befreites Geschöpf den per SMS eintrudelnden Weisungen des Meisters folgt, muss der andere erst noch ein wenig sein Leben sortieren. Whatever, er vergeudet eh nur wertvolle Zeit, in der ich Anzugträger mittleren Alters, Pantomimen, Fast-Food-Verkäuferinnen oder jeden anderen auf der Straße zusammenschlagen kann. In der Stadt, in der der Bürgermeister Haggar hieß, sollte wohl jeder für alles bereit sein. Immerhin macht es den Eindruck, dass das alles einvernehmlich passiert.

Das ist es: Ihr rennt rum, folgt einer Story, die vage einem schwachen Anime würdig wäre. Ihr kämpft mit einem beliebigen Avatar gegen noch viel beliebigere Avatare, um zu leveln, Klamotten zu kaufen und schließlich trefft ihr dann und wann endlich relevante Charaktere, um neue Moves zu lernen. Das ist nicht das Epos, das ich mir unter World Tour vorgestellt habe. Die allermeiste Zeit fühlen sich die Kämpfe nach genau dem an, was es ist. Ich vermöble keine Legenden, sondern irgendwelche hässlichen NPCs in einem harten Grind.

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Dieser Grind ist noch dazu wirklich hässlich. Egal, ob Zwischensequenzen oder Spielwelt, jedes Yakuza ist da so unendlich viel weiter und das erstaunliche ist eigentlich der drastische Split in der Optik des Spiels. Man merkt sofort, dass die 18 Haupt-Charaktere und ihre Hintergründe aufwendig entworfen und umgesetzt wurden. Street Fighter 6 sieht großartig aus, wenn ihr klassisch spielt. Ich sage das ausdrücklich, damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Street Fighter 6 kann hinreißend sein. Aber nicht in der World Tour. Vor allem in einigen Zwischensequenzen konnte ich meinen Augen nicht glauben. Ich werde nie vergessen, wie Luke ganz zu Beginn die Tür in die Welt von World Tour aufstößt und anstatt den Moment freudig zu erleben, ist alles, was ich denken kann „Die Tür sieht aus wie aus Resident Evil: Survivor“. Wem das nichts sagt: Gut so. Schwamm drüber, die Animationen in Street Fighter sind hinreißend. Ist eh mehr wert als eine mäßige Zwischenszene hübsch zu machen.

Die Kämpfe in World Tour an sich sind natürlich völlig okay, die Basis ist ja auch tadellos. Aber die wahre Kunst von Turnier-Prüglern liegt in der kunstvollen Balance der Kämpfer zueinander und hier habt ihr zig beliebig gewürfelte Möchtegern-Street-Fighter, euren eigenen inklusive, die sich alle unfokussiert und beliebig anfühlen. Es ist ein recht klarer Fall von kann man spielen, aber warum sollte man. Ich muss ja nicht mal das Spiel verlassen, sondern nur im Hauptmenü auf die andere Seite klicken, um ein weit besseres Game zu finden. Eines, das die Stärken dieses Spielsystems perfekt nutzt, statt sie halbgar in ein gut gemeintes, aber nicht ganz durchdachtes Korsett zu pressen.

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Viel spannender ist da ein Modus, den ich mangels echter Online-Aktivität aktuell nur viel zu kurz bewundern konnte, der aber viel Potenzial bergen könnte. Das Battle Hub ist eine Art E-Sport-Arena-Hub, nur viel entspannter. Ihr rennt mit eurem Avatar aus dem World-Tour-Modus herum, könnt mit anderen Spielern rudimentärer interagieren oder in echte Chats treten, herumwandern und anderen Spielern bei ihren Matches zugucken. Alle Online-Modi aus Fighting Ground sind in den Battle Hub eingebunden, aber hier wird es auch moderierte Turniere und andere Events geben. Nennen wir es mal eine Art Virtual-Reality-Street-Fighter-Café, nur, dass ihr die Getränke selbst bringen müsst.

Das dürfte auch der Ort sein, an dem Capcom plant, sein Geld zu verdienen. Wer besonders schick und stylish herumlaufen möchte, darf sich in den passenden Shops verausgaben. Dass dort nicht immer alles nur für virtuelle Münzen oder zumindest sehr viel einfacher für reale verfügbar sein wird, dürfte sich von selbst verstehen. Nun, von mir aus, habe ich kein Problem mit. Das scheint sich alles nur um Eitelkeiten zu drehen und das war schon immer des Teufels liebste Sünde. Gebt euch und euer Portemonnaie also dieser auf eigene Gefahr hin, ich gebe mein Geld lieber für andere Dinge aus, die ich nicht wirklich benötige. Das 8-LP-Vinyl-Box-Set des großartigen Soundtracks von Street Fighter 6 kann nicht weit sein.

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Street Fighter 6 Test – Fazit

Street Fighter 6 schlägt ganz klar einen neuen Weg ein, vergleicht man es mit dem Release des Vorgängers. Es will den E-Sport nicht verlassen oder auch nur vernachlässigen, aber vom Start weg soll Anfängern, Gelegenheitsprüglern und Solisten ein komplettes und rundes Spiel geboten werden. Nun, voller Erfolg. Das klassische Street Fighter ist in seiner Gänze da. Arcade, Vs., Spaß-Modi, Online-Matches, Team-Battles, alles da, alles gegen Freunde lokal, online oder eben gegen die CPU. Der neue Stil ist schick – ich mag ihn wenigstens –, die Stages sehen nach was aus und mit den verschiedenen Steuerungsarten ist ein Maximum an Zugänglichkeit praktisch garantiert.

Insoweit will ich gar nicht so lange darauf herumreiten, dass World Tour jetzt nicht Capcoms Yakuza-nur-mit-Feuerbällen wurde. Es ist ein interessanter Ansatz, den sehr begrenzten Aufbau eines Turnier-Prüglers zu erweitern, ohne die Mechaniken über Bord zu werfen. Weniger wäre hier allerdings mehr gewesen, vor allem weniger Grind, aber es ist ein Konzept, das Capcom gerne weiter erkunden darf. Genauso wie auch den Battle Hub. Es holt das Spiel und die Spieler aus den sehr nüchternen Lobbys raus und macht mehr Party, als dort möglich wäre. Das ist auf jeden Fall auch löblich. Street Fighter 6 wird das Genre nicht umkrempeln, aber es leistet viel dafür, dass mehr Leute mal wieder einen Versuch wagen können. Egal, ob ihr euch als Pro versteht oder einfach keine Lust habt, Moves zu lernen und trotzdem spielen wollt, hier seid ihr richtig.

Street Fighter 6
PROCONTRA
  • Kampf-Engine nach wie vor ausgezeichnet und dezent verfeinert
  • Arcade-, Story- und andere KI-Modi direkt vorhanden und umfangreich
  • Kleine (18), aber gelungene Start-Auswahl an Kämpfern
  • Gute Steuerungsvarianten und Tutorials für Einsteiger
  • Online-Hub macht einen netten Eindruck und könnte das Spiel wirklich bereichern
  • Der World-Tour-Modus ist sehr umfangreich und eine theoretisch gute Idee...
  • ...Leider ist es meist ein inhaltlich wie spielerisch öder Grind durch billige Gegner
  • Technisch zweigeteilt: Das eigentliche Street Fighter sieht ausgezeichnet aus, der World-Tour-Modus erinnert eher an frühe PS4-Tage
  • Wer alle Charaktere in Teil 5 gesammelt hat, darf jetzt wieder von vorn anfangen

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